ZUKUNFTSFÄHIGER HANDEL BRAUCHT EINEN GEEIGNETEN RAHMEN

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der Begriff „Zeitenwende“ wurde erst kürzlich von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres 2022 gewählt. Und eine Zeitenwende haben wir im vergangenen Jahr in vielerlei Hinsicht erlebt, nachdem Russland am 24. Februar seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen hat. Unter anderem wurde uns schmerzlich bewusst, wie abhängig wir uns von Energielieferungen aus Russland in den vergangenen Jahrzehnten gemacht haben.

 

Und machen wir uns nichts vor: Solange wir noch fossile Energieträger benötigen, sind wir weiterhin auf Importe aus anderen Staaten angewiesen – darunter diverse Staaten, die unsere demokratischen Werte nicht teilen und die zum Teil internationale Regeln missachten. Daher setzen wir in Schleswig-Holstein auf den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien.

 

Dennoch: Die Abhängigkeit von Rohstoffen, aber auch von Halbfertigprodukten internationaler Zulieferer macht Deutschlands Wirtschaft verwundbar. Umso wichtiger sind in Zukunft verlässliche Handelspartner, die unsere Werte teilen und mit denen wir bei Sozialstandards sowie Umwelt- und Klimaschutzvorgaben übereinstimmen. 

 

Seien wir ehrlich: Wir müssen aus der Abhängigkeit von Russland unsere Lehren ziehen. Dazu gehört, alte Partnerschaften kritisch zu überprüfen und neue Partnerschaften einzugehen. Wichtig dabei ist, dass wir Staaten, mit denen wir grundlegende Werte teilen, auf Augenhöhe begegnen. Ich betone das deshalb, weil dies auch die Länder des globalen Südens einschließt, mit denen in der Vergangenheit Verträge geschlossen wurden, die nur einer Seite Vorteile gebracht haben. Dies betrifft auch und gerade die EU.

 

Eine Basis für Handel auf Augenhöhe sind faire Handelsabkommen. Daher ist das von Bundestag und Bundesrat Anfang Dezember verabschiedete CETA-Abkommen mit Kanada ein wichtiger und richtiger Schritt. Ich verhehle nicht, dass dies aus Grüner Sicht kein leichter Schritt war, der aber ein Bekenntnis beinhaltet: Ein Bekenntnis der Bundesregierung zu einer neuen Handelspolitik, deren Ziel es sein muss, Klimaschutz, Umwelt- und Sozialstandards ebenso verbindlich in Handelsabkommen zu verankern wie wirtschaftliche Aspekte. 

 

Wir Grünen haben CETA in der Vergangenheit kritisch gesehen. Es gab aus unserer Sicht gute Gründe dafür, dass CETA bisher nicht vollumfänglich in Kraft treten konnte. Die jetzt erfolgte Nachbesserung des Abkommens im Hinblick auf den Investitionsschutz und bei der regulatorischen Kooperation war eine unabdingbare Voraussetzung für unsere Zustimmung und ich begrüße, dass die Bundesregierung eine entsprechende Interpretationserklärung auf den Weg gebracht hat. 

 

Auf diese Weise kann verhindert werden, dass Maßnahmen im Bereich der Klima-, Energie- oder Gesundheitspolitik durch Investoren ausgehebelt werden oder zu Schadenersatzansprüchen führen. 

 

Denn eins ist klar: Es muss verhindert werden, dass Einzelinteressen von Unternehmen oder Branchen über demokratische Entscheidungen gestellt werden können. Nur so ist eine faire Kooperation auf Augenhöhe langfristig möglich. 

 

Zukunftsfähiger Handel braucht einen geeigneten Rahmen, der wertebasiert ist, den Schutz der Menschenrechte, den Klimaschutz und demokratische Mitbestimmung berücksichtigt sowie öffentliche Interessen zuverlässig schützt – auch gegenüber internationalen Konzernen. Deshalb begrüße ich auch ausdrücklich den Austritt Deutschlands aus dem Energiecharta-Vertrag.

 

Es war völlig absurd, dass deutsche Unternehmen die Niederlande vor einem internationalen Schiedsgericht verklagen konnten, weil die Niederlande den Kohleausstieg beschlossen haben. Es war genauso absurd, dass Vattenfall vor einem internationalen Schiedsgericht gegen den deutschen Atomausstieg klagen konnte. Damit ist in Zukunft Schluss. Und das ist gut so!

 

Diese Handelspolitik mit sanktionsbewehrten Nachhaltigkeitsstandards gilt es nun auch in die Verhandlungen mit weiteren Staaten einzubringen, sei es mit den MERCOSUR-Staaten, mit Chile oder Mexiko. Das bereits vereinbarte Handelsabkommen mit Neuseeland ist dafür eine gute Blaupause.



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