Raum für Zukunftsinvestitionen schaffen

Schuldenbremse weiterentwickeln

Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Oliver Brandt:

Für Zukunftsinvestitionen brauchen wir eine Reform der Schuldenbremse

Die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form ist in Schleswig-Holstein seit 2022 in Kraft, auch wenn es vorher bereits eine Konsolidierungsvereinbarung mit dem Bund gab, die de facto wie eine Schuldenbremse gewirkt hat.

Die jetzige Schuldenbremse wurde gleich in den ersten Jahren einem echten Stresstest unterzogen, aufgrund verschiedener Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes entzogen. Zunächst Corona, dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und im letzten Herbst die Ostsee-Sturmflut. Dazu kam im November 2023 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Schuldenbremse sehr eng am Gesetzestext ausgelegt hat.

Was für die Forschung vermutlich exzellentes Anschauungsmaterial bietet, war und ist für diesen Landtag eine riesige Herausforderung, und genau deshalb führen wir ja heute diese Debatte, um zu diskutieren: funktioniert die Schuldenbremse eigentlich in der Form, in der sie dieses Parlament vor einigen Jahren beschlossen hat - damals aus guten Gründen, aber ohne unsere heutigen Erfahrungen.

Und die Diskussion ist auch deutschlandweit in vollem Gange: Ökonomen unterschiedlicher Couleur, vom Institut der deutschen Wirtschaft über DIW bis zu den Wirtschaftsweisen der Bundesregierung, sprechen sich für eine Reform der Schuldenbremse aus. In der Politik kommen solche Forderungen aus fast allen Parteien.

Dazu gehören auch CDU-Regierungschefs wie Rainer Haseloff aus Sachsen-Anhalt oder Kai Wegner aus Berlin, die angesichts der dramatischen Haushaltslage in ihren Ländern für Anpassungen plädieren. Mit Interesse habe ich vor kurzem vernommen, das auch unser Ministerpräsident Daniel Günther eine – ich zitiere – „gewisse Offenheit“ für eine Reform der Schuldenbremse hat, zumindest, was die bisher nicht genutzte Schuldenquote der Länder von 0,15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angeht.

Damit kommen wir zur Frage, wie man die Schuldenbremse reformieren sollte. Einige Vorschläge dazu liegen heute in Form von verschiedenen Anträgen vor.

Die bereits angesprochene Nutzung des Spielraums für die Länder bei der Verschuldungsquote, wie sie der SSW in seinem Antrag vorgeschlagen hat, ist sicher richtig, reicht aber aus meiner Sicht nicht aus, um die vor uns stehenden Herausforderungen zu meistern. Bei einem BIP von 112,8 Milliarden Euro in Schleswig-Holstein im Jahr 2022 entsprechen 0,15 Prozent gerade mal 170 Millionen Euro zusätzlicher Verschuldungsmöglichkeit.

Auch die von der FDP vorgeschlagene Anpassung des Konjunkturbereinigungsverfahrens wird der Dimension der Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht gerecht. Vorteil ist immerhin, dass dafür keine parlamentarische Zwei-Drittel-Mehrheit gebraucht wird.

Aus meiner Sicht hat die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form mehrere Schwächen: Sie berücksichtigt überhaupt nicht, dass Notlagen nicht von einem Tag auf den anderen vorbei sind, sondern in ihren Auswirkungen nachwirken. Das Prinzip der Jährigkeit und Jährlichkeit von Notkrediten widerspricht den realen Anforderungen zum Beispiel bei Investitionen, die im Nachgang zur Bewältigung von Krisen erforderlich sind. Das sehen wir bei den Schäden an der Ostsee: Die Folgen der Flut lassen sich nun mal nicht in zwölf Monaten bewältigen. Daher müssen die Rahmenbedingungen zur Erklärung und Bewältigung von Notlagen aufgrund der jetzt gemachten Erfahrungen angepasst werden.

Aber das allein reicht nicht. Wir stehen vor derart großen Herausforderungen, dass jetzt enorme Investitionen nötig sind: Entweder, weil die Aufgaben in der Vergangenheit vernachlässigt wurden, wie beim Schienenverkehr oder im Bildungswesen, oder weil es neue gesetzliche Aufgaben gibt, denen wir uns stellen müssen, zum Beispiel im Klimaschutz und der Klimaanpassung. Auf Bundesebene gilt das auch für die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes. Wenn wir nicht jetzt investieren, kommt uns das langfristig noch teurer zu stehen.

Für diese Zukunftsinvestitionen brauchen wir daher eine Investitionsregel, die zusätzliche Schuldenaufnahme ermöglicht. Der Investitionsbegriff muss dabei konkret definiert werden, damit wir nicht wieder in eine Situation wie vor der Schuldenbremse kommen, in der die Grenzen der Schuldenaufnahme großzügig ausgeweitet wurden.

Es braucht also einen Rahmen wie die Schuldenbremse, aber dieser muss so gestaltet werden, dass wir unser Land zukunftsfest machen können, ohne die öffentlichen Haushalte durch zu hohe Zinslasten zu überfordern.

Eins scheint mir jedenfalls sicher: Gleichzeitig neue staatliche Aufgaben zu schultern, die Steuern zu senken und die Schuldenbremse einzuhalten, das wird nicht funktionieren. So ehrlich müssen sich alle machen.

Ich freue mich auf die weitere Diskussion im Finanzausschuss!



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