Der Haushalt ist die Kunst des Machbaren

Oliver Brandt spricht im Landtag. Foto: Landtagsfraktion B90/Grüne

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir stehen beim Haushalt 2025 erneut vor einer schwierigen Ausgangssituation. Wir erleben die erste Rezession seit 15 Jahren, und das im zweiten Jahr in Folge. Das bedeutet deutlich niedrigere Steuereinnahmen. Und das nach mehreren Jahren, in denen die Politik mit mehreren exogenen Schocks umzugehen hatte. Zunächst Corona, dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit seinen Verwerfungen am Energiemarkt und dem darauffolgenden massiven Anstieg der Inflation. Dazu eine Jahrhundert-Sturmflut an der Ostsee im Herbst 2023.

Auf diese außergewöhnliche Situation muss sich der Haushaltsgesetzgeber einstellen, und das haben wir in den vergangenen Jahren gemacht. Auch mit der Aufnahme von Notkrediten, ein Instrument, das auch diesmal noch zur Anwendung kommt, wenn auch in deutlich geringerem Umfang, denn die Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind noch nicht vorbei, eine weitere Eskalation jederzeit möglich.

Aber wir müssen ein Stück weit wieder zu einer Normalität zurückkehren, und die neue Normalität heißt dann auch Sparen. Nach 100 Millionen Euro im Jahr 2024 enthält dieser Haushalt weitere Kürzungen von über 200 Millionen Euro. Und die Projektion sieht für die kommenden Jahre weitere Einsparungen in vergleichbarer Höhe vor. Das ist die neue Realität.

Unter diesen Vorzeichen muss nun ein Haushalt aufgestellt werden, der den Vorgaben der Schuldenbremse entspricht. Die Landesregierung hatte in der Haushaltsaufstellung eine Lücke von rund 580 Millionen Euro schließen.

Wo also ansetzen? Weniger Investitionen setzen die Zukunft des Landes aufs Spiel. Massive Personaleinsparungen sind ebenfalls keine Lösung, denn dann müssten wir Stellen für Lehrkräfte oder Polizist*innen streichen oder in der Justiz oder Steuerverwaltung.

Vor diesem Hintergrund ist der vorgelegte Haushalt die Quadratur des Kreises.

Ich habe großen Respekt vor der Leistung der Landesregierung, die sich sicher schwergetan hat, eine Liste mit konkreten Kürzungen zusammenzustellen. Die Vorschläge sind zum Teil schmerzhaft und werden vielerorts spürbar sein. Doch nur so gelingt es, die Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten.

Daher freue ich mich, dass die Landesregierung mit diesem Haushaltsentwurf trotz der schwierigen Rahmenbedingungen klare Schwerpunkte setzt. Nur ein paar Beispiele:

  • Erhöhung der Ausgaben für Bildung um 27 Millionen Euro.
  • etwa 20 neue Stellen für die Sprachförderung im Übergang Kita zu Grundschule
  • das Perspektivschulprogramm wird auf 72 weitere Schulen ausgeweitet.
  • die Ausgaben für Kitas werden um 60 Millionen Euro erhöht, unter anderem zur Einrichtung von PerspektivKitas, aber auch für gestiegene Lohnkosten.
  • Aufstockung der sozialen Wohnraumförderung um 200 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre, nachdem die Wohnraumförderung aktuell bereits auf Rekordniveau läuft.
  • Transformation zum klimaneutralen Industrieland: mehr als 20 Millionen Euro für Wasserstoffprojekte zur Dekarbonisierung der Industrie und Erzeugung grünen Wasserstoffs.
  • 25 Millionen Euro für die Förderung der Wärmewende.
  • Im Bereich der Sicherheit werden zusätzlich notwendige Ausrüstungsverbesserungen bei der Polizei vorgenommen sowie die Ermittlungstechnik und Drohnenabwehr gestärkt.

Und bei alledem war es nicht notwendig, den Versorgungsfonds für unsere Beamt*innen anzuzapfen. Das sind aus meiner Sicht auf jeden Fall schon mal die richtigen Schwerpunkte. Wer Regierungsverantwortung trägt, muss den Tatsachen ins Auge sehen und harte Entscheidungen treffen – das ist der Unterschied zur Opposition.

Von dort kamen in letzten Monaten Forderungen wie kostenfreies Unterrichtsmaterial und digitale Endgeräte für alle Schüler*innen, Übernahme der Kitaverpflegung durch das Land, Beitragsfreiheit im Krippenbereich, Übernahme der Pflegeinvestitionskosten durch das Land, Fortführung der ermäßigten Umsatzsteuer auf Gas- und Fernwärme. Und ich habe jetzt nur Punkte genannt, die mindestens im zweistelligen Millionenbereich liegen. Zur Erinnerung: Wie haben einen Sparhaushalt zu beschließen.

Und in der letzten Woche kam dann noch die FDP mit der Senkung der Grunderwerbsteuer. Sie fordern immer, die richtigen Prioritäten zu setzen. Nur mit Rangerstellen, wie von Ihnen wiederholt vorgeschlagen, wird das aber nicht funktionieren: Eine Absenkung der Grunderwerbsteuer um 0,5 Prozent würde etwa 50 Millionen Euro kosten. Das sind etwa 1.000 Rangerstellen. Wo haben wir die denn? Oder sollen wir doch lieber 1.000 Stellen in der Finanzverwaltung kürzen? Oder bei der Polizei?

Ich bin jedenfalls gespannt auf die Vorschläge der Opposition im weiteren Verfahren, um einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen.

Für uns jedenfalls ist der Haushalt keine Märchenstunde, sondern die Kunst des Machbaren.

Vielen Dank!

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