Gute Gründe für die Vermögenssteuer

Oliver Brandt spricht im Landtag. Foto: Franziska Ostermann

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleg*innen,

um es vorwegzunehmen, werte Kolleg*innen der SPD, wir werden Ihren Antrag heute ablehnen. Unser Koalitionspartner hat zur Vermögensteuer eine gänzlich andere Auffassung als wir Grüne. Das ist hinlänglich bekannt. Während wir Grüne die Wiedereinführung einer Vermögensteuer in unserem letzten Bundestagswahlprogramm gefordert hatten, lehnt die CDU dies in ihrem aktuellen Grundsatzprogramm explizit ab.

Wenn wir davon ausgehen, dass dies auch der SPD bekannt ist, ist der vorliegende Antrag ein Papiertiger. Selbst wenn wir die Schleswig-Holsteinische CDU davon überzeugen würden, gegen ihr frisch beschlossenes Grundsatzprogramm zu votieren, was ich für unwahrscheinlich halte, würde eine Initiative bereits im Bundesrat scheitern. Und im Bundestag hat die SPD in verschiedenen Regierungskonstellationen mehrfach gegen Anträge der Linken zur Wiedereinführung der Vermögensteuer gestimmt, zuletzt im Juli 2024, ist also noch nicht so lange her. Die letzte Erhöhung der Vermögensteuer gab es übrigens unter Bundeskanzler Willy Brandt, also vor über 50 Jahren. Damals hat auch der Bundesrat zugestimmt.

Nun zum Inhalt Ihres Antrags. Die Forderung nach einer Vermögensbesteuerung halte ich für richtig, nicht nur aufgrund der immer größeren finanziellen Herausforderungen der öffentlichen Haushalte, sondern auch aus Gründen der Gerechtigkeit. Schauen wir uns die Situation einmal etwas näher an. Deutschland liegt im Euroraum bei der stärksten Vermögenskonzentration auf Platz vier. Das heißt in Zahlen: fünf Prozent unserer Bürger*innen besitzen mit 48 Prozent fast die Hälfte des Privatvermögens.

Die Vermögensungleichheit hat dabei seit den 90er Jahren deutlich zugenommen, nachdem sie nach dem Zweiten Weltkrieg über längere Zeit abgenommen hatte. Insbesondere in den Corona-Jahren konnten die obersten zehn Prozent der Bevölkerung ihr Vermögen noch einmal deutlich ausbauen, während andere Bevölkerungsgruppen unter den Pandemiefolgen wirtschaftlich stark zu leiden hatten. Dies zeigt eine Veröffentlichung der EZB vom März 2024. Grund genug also, hier nachzusteuern. Der Begriff „Wiedereinführung der Vermögensteuer“ führt dabei etwas in die Irre, denn es geht nicht darum, die 1997 von der Regierung Kohl ausgesetzte Vermögensteuer eins zu eins wieder zu reaktivieren. Denn niemand fordert die Wiedereinführung einer Vermögensteuer ab einem Vermögen von 120.000 Mark beziehungsweise heute 60.000 Euro, so wie sie noch im alten Vermögensteuergesetz steht, sondern es geht um eine neue Steuer für sehr wenige, sehr reiche Personen.

Wenn man eine Vermögensteuer von zwei Prozent erst ab einem Vermögen von 100 Millionen Euro ansetzen würde, das würde nur etwas über 3.000 Haushalte in Deutschland betreffen, könnten damit nach Schätzung des DIW jährlich 17 Milliarden Euro eingenommen werden, für Schleswig-Holstein also in der Größenordnung von 600 Millionen Euro. Die Vermögensteuer kommt ja ausschließlich den Ländern zugute. Und: der wesentliche rechtliche Grund für die Aussetzung der Steuer im Jahr 1997 ist heute entfallen, da wir nach der Grundsteuerreform wieder ein akzeptables Bewertungssystem für Immobilienvermögen in Deutschland haben.

Es gibt also gute Gründe für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer. Zur Ehrlichkeit gehört allerdings dazu, dass es dafür weder im Bundestag noch im Bundesrat absehbar Mehrheiten gibt. Und um Steuerflucht zu vermeiden, wäre ohnehin eine international geltende Regelung wünschenswert.

Es ist also noch ein weiter Weg zu einer gerechten Vermögensbesteuerung. Wir werden uns weiterhin dafür stark machen.

Vielen Dank!