Gezielte Unterstützung für unsere Gastronomie

Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Oliver Brandt:

Die Gastronomie ist ein zentraler Bestandteil unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, das gilt insbesondere für das Tourismusland Schleswig-Holstein. Gleichzeitig stehen viele gastronomische Betriebe vor besonderen Herausforderungen. Die Arbeit fällt überwiegend am Abend und am Wochenende an, was die Fachkräftesuche besonders schwer macht. Und eine Reihe von Betrieben gibt auf, weil sie keine Nachfolge mehr finden. Wenn ein Gasthof auf dem Land endgültig schließt, ist das auch ein kultureller Verlust.

Die vergangenen Jahre mit Corona, hohen Energiepreisen und steigenden Lebensmittelpreisen haben viele Existenzen zusätzlich ins Wanken gebracht. Und die Lage bleibt komplex. Einerseits steigt die Zahl der Insolvenzen, auch in der Gastronomie. Aber viele dieser Betriebsschließungen sind auch ein Nachholeffekt aus der Corona-Zeit. Studien zeigen, dass die Zahl der Insolvenzen mittlerweile wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht – also ein normales Maß.

Gleichzeitig gehen die Umsätze in der Gastronomie zurück, wenn man die Inflation herausrechnet. Die Zahl der Gäste sinkt nicht generell, aber es wird insgesamt weniger verzehrt. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen der Entwicklung in den Städten bzw. Ballungsräumen und dem ländlichen Raum, wie eine ifo-Studie von 2023 gezeigt hat. Und es gibt einen Trend hin zur System-Gastronomie und zur Außer-Haus-Verpflegung.

Deshalb ist es wichtig, dass wir uns als Politik Gedanken machen, wie wir diese Branche wirkungsvoll unterstützen können. Der vorliegende Antrage von FDP und SPD zielen in diese Richtung. Das Anliegen, insbesondere kleinere und inhabergeführte Betriebe entlasten zu wollen, ist berechtigt.

Gleichzeitig müssen wir sorgfältig abwägen, ob eine Maßnahme tatsächlich die gewünschten Effekte erzielt und wie gerecht sie ist. Und so ist es auch mit der Absenkung der Mehrwertsteuer. Denn eine Entlastung kommt keineswegs nur den kleinen, familiengeführten Betrieben zugute. Systemgastronomie und Handelsgastronomie mit vielen Filialen profitieren genauso. Das sind teilweise Unternehmen, die Private-Equity-Konzernen gehören oder, wie eine amerikanische Kaffeehaus-Kette, berüchtigt sind für ihre Praxis der Steuervermeidung.

Diese Betriebe verfügen oft allein durch ihre Größe über Vorteile bei Einkauf, Automatisierung und Personalplanung. Eine pauschale Steuersenkung könnte dazu führen, deren Marktmacht weiter stärken, auch zulasten der inhabergeführten Betriebe, die wir eigentlich schützen wollen.

Daher glaube ich, dass es sinnvoll wäre, die Gastronomiebranche gezielt zu stärken, wo sie Unterstützung benötigt: Zum Beispiel mit einer Fachkräfteoffensive, die Aus- und Weiterbildung attraktiver macht. Oder mit Investitionshilfen, um zum Beispiel die Energiekosten für kleinere Betriebe nachhaltig zu senken.

Eine generelle Steuersenkung ist dagegen nicht sonderlich treffsicher. Dafür ist sie aus Haushaltssicht mit erheblichen Mindereinnahmen auch für Länder und Kommunen verbunden. Für Schleswig-Holstein müssen wir jährlich mit einem Minus von über 40 Millionen für das Land und über 10 Millionen Euro für unsere Kommunen rechnen.

Daher bleiben wir bei der Position, die der Landtag bereits im September 2023 beschlossen hat: Die Gastronomie verdient Unterstützung, und wenn der Bund eine Senkung der Mehrwertsteuer möchte, dann muss er dafür bezahlen. Denn auch hier gilt der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD: Wer bestellt, bezahlt. Wir können der Maßnahme unter der Voraussetzung zustimmen, dass der Bund die finanziellen Folgen gegenüber Ländern und Kommunen kompensiert.