Wir brauchen gezielte Innovationsförderung anstatt der Gießkanne 21. September 202311. Mai 2024 Foto: Franziska Ostermann Der Bericht zeigt zugegebenermaßen aber auch, wo es noch etwas zu tun gibt: Den Betrieben im Land fehlt es an Fach- und Arbeitskräften, unsere Häfen leiden unter den Investitionsversäumnissen der letzten Jahrzehnte, das Streckennetz für den Schienengüterverkehr muss ertüchtigt und ausgebaut werden. Nicht zuletzt gibt es zahlreiche Regeln, Verordnungen und Prozessvorschriften, die nicht nur Betriebe belasten, sondern auch die Verwaltung und damit die benötigte Transformation verlangsamen. Die Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen für die Zukunft, und dabei ist die Unterstützung der Politik selbstverständlich gefragt. Aber ob das Wachstumschancengesetz diese Anforderungen erfüllt, daran haben zumindest führende Wirtschaftsexperten ihre Zweifel. DIW-Präsident Marcel Fratzscher zum Beispiel hält die Wirkung der darin enthaltenen Maßnahmen für überschaubar. Sie würden das BIP im kommenden Jahr gerade mal um 0,06 Prozent erhöhen, und die Investitionen um 0,4 Prozent, so seine Einschätzung. Zugegeben, der Entwurf enthält einige geeignete Maßnahmen, um Impulse für eine bessere Wirtschaftsentwicklung in den nächsten Jahren zu geben. Das sind zum Beispiel die Forschungsförderung und die Klimainvestitionsprämie. Diese Maßnahmen stärken nicht nur die Wirtschaft, sondern fördern gezielt Innovation und Zukunftsfähigkeit. Die Forschungsförderung stärkt dauerhaft innovationsstarke Schlüsselindustrien für die Transformation des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Das ist angesichts der seit Jahren niedrigen Forschungsquote in Deutschland ein richtiger Schritt. Ebenso sinnvoll ist die Förderung von Klimainvestitionen, sofern sie bürokratiearm und nicht über die Finanzverwaltung abgewickelt wird. Allerdings ist derzeit geplant, dass mit der Klimainvestitionsprämie ein neues Festsetzungsverfahren in der Finanzverwaltung eingeführt und damit auch für die Software KONSENS programmiert werden muss. Die Steuerbegünstigung von Klimaschutzinvestitionen lässt sich nur unter Hinzuziehung eines Energieberaters überprüfen. Gefördert wird, ich zitiere aus dem Gesetz, „ob der Anspruchsberechtigte im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit die Energieeffizienz verbessert und damit geltende Unionsnormen übertrifft oder bereits angenommene, aber noch nicht in Kraft getretenen Unionsnormen erfüllt, sofern die Investition spätestens 18 Monate vor Inkrafttreten der Norm durchgeführt und abgeschlossen wird.“ Damit wird mehr statt weniger Bürokratie geschaffen, und das in einem FDP-geführten Bundesfinanzministerium. Unterstützung für Klimainvestitionen ist richtig und wichtig, aber es zeigt sich wieder einmal, dass die Steuergesetzgebung nicht für alles herhalten kann. Ohnehin machen gerade diese beiden genannten Maßnahmen nur einen sehr geringen Anteil des Gesamtvolumens aus. Die mit Abstand größte Steuerentlastung soll auf die Abschreibungen für Ausrüstungsgüter entfallen. Diese Maßnahme begünstigt vor allem Investitionen, die ohnehin getätigt werden. Eine solche Gießkannenförderung ist wenig zielgenau und belastet auch den Landeshaushalt enorm. Zur Erinnerung: Das Gesetz in Gänze würde zu 35 Millionen Steuermindereinnahmen im Landesaushalt 2024 führen, in den beiden Folgejahren wäre es mehr als das Doppelte. Gleichzeitig müssen auch die Kommunen fast 30% der Steuerausfälle tragen, was dort zu einer deutlichen Einschränkung bei den notwendigen Investitionen führt, auf die gerade die schwächelnde Bauwirtschaft angewiesen ist. Die Gewichtung innerhalb des Maßnahmenpakets sollte daher deutlich in Richtung der effektiveren Maßnahmen verschoben werden. Daher ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für die Unterstützung eines Gesetzentwurfs, der sich noch mitten im Verfahren befindet. Er wurde nämlich im Bundestag noch gar nicht beraten. Wir kennen alle das Struck’sche Gesetz: Kein Entwurf kommt so aus dem Bundestag, wie er eingereicht wurde und erst dann hat der Bundesrat darüber zu befinden. Mit einem Blankoscheck in Form einer bedingungslosen Zustimmung würde sich unsere Landesregierung jeglicher Chance berauben, das Gesetz noch besser zu machen – und das ist dringend geboten.